Nach dem Abschluss eines Kaufvertrags über eine Immobilie wird eine Auflassungsvormerkung ins Grundbuch eingetragen – daraufhin kann dann die finanzierende Bank den Kredit auszahlen und der Käufer den Kaufpreis entrichten, so dass die Immobilie den Eigentümer wechselt. Doch was ist, wenn die Vormerkung nicht fristgerecht eingetragen werden kann?
Hanau. Scheitert die Eintragung der Auflassungsvormerkung ins Grundbuch – beispielsweise an einem formalen Fehler in der Teilungserklärung – kann der Verkäufer dem Käufer nicht einfach anbieten, trotz der Verzögerung im Verkaufsprozess schon mal einzuziehen, die Wohnung vorerst zu mieten und im Gegenzug auf Schadensersatz für die Verzögerung des Eigentumsübergangs zu verzichten. Ein solches Angebot ist sittenwidrig. Das hat jedenfalls das Amtsgericht Hanau entschieden (Urteil vom 15.03.2024, Az.: 32 C 243/21) und einen solchen Deal für nichtig erklärt, wie das Gericht jetzt mitteilte. Das Urteil ist rechtskräftig.
Der konkrete Fall drehte sich um den Verkauf einer Eigentumswohnung in Hessen. Nach dem Käufer und Verkäufer sich handelseinig waren, schlossen sie einen notariellen Kaufvertrag ab. Doch dann musste die Verkäuferin, ein Bauträger, kurz vor dem vereinbarten Stichtag die Notbremse ziehen: Die Vormerkung konnte nicht ins Grundbuch eingetragen werden, weil es einen Fehler in der Teilungserklärung gab, der vorher nicht aufgefallen war. In der Bezeichnung der Wohnung waren 1. OG „links“ und „rechts“ verwechselt worden. Damit die Käufer trotzdem schon einziehen können, bot die Verkäuferin ihnen einen Mietvertrag an – unter der Bedingung, dass die Käufer im Gegenzug auf Schadensersatz wegen der Verzögerung verzichten.
Verkäuferin nutzte Zwangslage der Käufer sittenwidrig aus
Die Käufer sahen sich in der Tat unter Zugzwang, weil sie ihre Mietwohnung bereits gekündigt hatten, obendrein war die Käuferin schwanger. Sie ließen sich daher auf das Angebot ein und zahlten die vereinbarte Miete. Allerdings verlangte die Bank der Käufer Bereitstellungszinsen dafür, dass sie den Kredit für die Auszahlung länger bereit hielt als eigentlich vereinbart. Diese Kosten rechneten die Käufer teilweise gegen die Mietzahlungen auf. Daraufhin zog die Verkäuferseite vor Gericht, um die Zahlung der vollen Miete einzuklagen. Doch das Amtsgericht wies die Klage ab.
Begründung: Das Gericht stufte den Mietvertrag und die Verzichtserklärung hinsichtlich der Schadensersatzansprüche als sittenwidrig ein. Die Verkäuferin habe hier die Zwangslage der Käufer zu ihrem eigenen wirtschaftlichen Vorteil ausgenutzt, befand das Gericht. Außerdem stellte man fest, dass der Verzicht auf den Schadensersatz eine inhaltliche Änderung des Kaufvertrages darstellte und deshalb von einem Notar hätte beurkundet werden müssen, was jedoch nicht geschehen war. „Der Verzicht auf Schadensersatzansprüche wegen Verzögerung der Leistung bei Grundstückskaufverträgen unterliegt bis zum Vollzug der Auflassung der Beurkundungspflicht“, stellte das Gericht klar.
Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.
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